BUSHCRAFT-MESSER-RATGEBER: WELCHES BUSHCRAFT-MESSER SOLL ICH MIR KAUFEN?
- Brian
- vor 3 Tagen
- 13 Min. Lesezeit
Wir kennen es doch alle, wir Draußenkinder: Wir wollen raus in den Wald, die Seele baumeln lassen, sich der Natur verbunden fühlen, kleine Abenteuer bestreiten, sich vom Alltag eine Auszeit gönnen – aber seien wir mal ehrlich: So richtig Bock macht es vor allem mit der richtigen Ausrüstung, und ein vernünftiges Bushcraft-Messer ist dabei sowas wie unser heiliger Gral, wenn wir uns auf die Spuren unserer Vorbilder wie Ray Mears und Horace Kephart begeben.
Inhalt:

Was ist eigentlich Bushcraft?
Bevor wir in die Tiefen der Bushcraft-Messer eintauchen, klären wir erstmal, was Bushcraft überhaupt ist. Der Begriff kommt – wenig überraschend – aus dem Englischen und setzt sich aus "bush" (Busch/Wildnis) und "craft" (Handwerk/Fertigkeit) zusammen. Bushcraft bezeichnet also im weitesten Sinne die Fähigkeit, mit minimaler Ausrüstung in der Wildnis klarzukommen und sich die vorhandenen, natürlichen Ressourcen zu Nutze zu machen. Ab diesem Punkt jedoch scheiden sich die Geister, wie genau Bushcraft auszusehen hat, und es gibt zahlreiche Strömungen, Philosophien und Grundhaltungen, die eigene Definitionen hierzu einbringen. Bin ich schon Bushcrafter, wenn ich mir im Wald meinen Zelthering selbst schnitze? Darf ich mein Lagerfeuer auch mit einem Feuerzeug in Gang bringen, oder muss es der Feuerstahl sein? Oder ist grundsätzlich nur Stöckchen reiben erlaubt, weil alles andere Glamping ist? Muss ich zum "richtigen" Bushcraften zwingend übers Wochenende mehrere Overnighter im Carinthia Defence 4 bestreiten, mein Tarp in mindetsens drei verschiedenen Varianten aufspannen und mit dem aktuell am meisten beworbenen Messer aus den YouTube-Charts mein Essen über offener Flamme brutzeln? Oder bin ich schon "bushcraftig" genug, wenn ich nach der Arbeit für drei Stündchen in den örtlichen Staatsforst abtauche, Brennessel-Fasern zur Schnurherstellung aufbereite und unterwegs noch fünf essbare Pflanzen bestimmt habe?
Bushcraft vs. Survival vs. Camping: Wo liegt der Unterschied?
Auch diese Frage ist genauso leidenschaftliches Streitthema, wie die Definition von Bushcraft selbst:
Beim Bushcraft geht es primär um das Aneignen von Wissen und Fähigkeiten, die einem ein möglichst komfortables und nachhaltiges Leben in und mit der Natur ermöglichen. "The more you know, the less you carry" – sprich: Je mehr Wissen ich mit mir trage, desto weniger (Ausrüstung) muss ich mit mir rumschleppen – war Mors Kochanskis Leitsatz. Bushcraft ist eine bewusste Entscheidung dafür, Zeit in der Natur zu verbringen, um dor tsein Wissen und seine Fähigkeiten zu erproben und auszubauen.
Survival ist primär geprägt von einem akuten Notfall-Charakter – hier gilt es, sich aus kritischen Situationen zu befreien oder eine kritische Situation zu überleben, bis Hilfe eintrifft. Hier gibt es hinsichtlich Wissen und Fähgkeiten viele Überschneidungen zum Bushcraft: Je besser ich mit meinem Wissen über meine Umwelt sowie mit meinen Fähigkeiten, meine Umwelt für mich zu nutzen, ausgestattet bin, desto größer sind meine Überlebenschancen, sollte ich in eine Notfall-Situation geraten. Anders als beim Bushcraft begebe ich mich jedoch nicht freiwillig in eine Notfall-Situation, sondern gerate unfreiwillig dort hinein und muss mit der Ausrüstung und den Hilfsmitteln, die ich bei mir habe/vor Ort finden kann, zurecht kommen.
Camping hat nahezu ausschließlichen Erholungs- und Freizeit-Charakter – jeglicher Zivilisationskomfort in Form von Zelt, Schlafsack, Campingkocher und Co. wird mit in die Natur genommen. Hier geht es primär darum, Naturgenuss mit den Annehmlichkeiten von zuhause zu vereinen, ohne großartiges Vorwissen abseits von Würstchen über Feuerstelle braten haben zu müssen.
Worauf kommt es beim Bushcraft-Messer an?
Wenn es beim Bushcraft im weitesten Sinne um das Leben in und mit der Natur geht und hier allem voran handwerkliches Geschick im Umgang mit natürlichen Ressourcen im Vordergrund steht, ist gutes Werkzeug der Schlüssel zu Spaß und Erfolg beim Bushcraften. "Gut" bedeutet dabei nicht zwangsläufig teuer, und ebenso wenig bedeutet "Werkzeug" – besinnen wir uns zurück auf Mors Kochanskis Leitsatz "The more you know, the less you carry" – dass wir mit einem ganzen Koffer voll Werkzeugen in den Wald stolpern müssen. Den meisten Outdoor-Enthusiasten reichen eine Säge, eine Axt bzw. ein Beil sowie ein gutes Messer. Doch was genau macht ein gutes Messer für Bushcraft aus, welche Eigenschaften sollte es erfüllen, und wie viel Geld muss ich dafür in die Hand nehmen? Diese und weitere Fragen wollen wir im Folgenden näher beleuchten.
Das perfekte Bushcraft-Messer
Um es direkt vorwegzunehmen: Das perfekte Bushcraft-Messer gibt es nicht. Das fängt bereits beim wichtigsten Teil des Messers an: dem Griff. Jede Hand ist anders, jeder Mensch empfindet Griffkomfort unterschiedlich, und nicht jeder Messergriff wird für jede Hand geeignet sein – weder von der Größe noch von ergonomischen Faktoren her. Dabei ist der Messergriff essentiell, wenn es um komfortables und sicheres Arbeiten mit diesem Werkzeug geht. Liegt das Messer nicht gut in der Hand, kommt es schnell zu Ermüdung, Druckstellen oder sogar Blasen, und die Freude am Messer ist dahin.
Außerdem ist der Einsatzzweck des Messers entscheidend: Nutzt du dein Messer vorwiegend zum Schnitzen und zur feineren Holzbearbeitung? Suchst du eine One-Tool-Option, mit der du ein bisschen von allem – ein bisschen Schnitzen, ein bisschen Hacken, ein bisschen Holz spalten, ein bisschen Apfel schälen – machen kannst? Oder bist du vor allem deshalb gerne draußen, weil du am liebsten unter freiem Himmel kochst und daher eher zu schneidfreudigen Klingen greifst? Beleuchten wir die einzelnen Aspekte etwas näher:
Die richtige Klingenlänge
Zu kurz ist unpraktisch, zu lang wird unhandlich. Der goldene Mittelweg für viele Bushcraft-Messer liegt im Schnitt bei etwa 8 bis 12 cm Klingenlänge. Damit hast du genug Schneide für die meisten Aufgaben, ohne dass das Messer zu klobig wird, wobei 12 cm für viele Menschen bereits die Obergrenze darstellt. Da Batoning (also das Spalten von Holz mit dem Messer) für viele eine wichtige Anforderung an ihr Messer ist, sollte die Klinge in diesem Fall nicht zu kurz ausfallen, da sonst nur sehr dünne Ästchen bearbeitet werden können. Legst du hingegen mehr Wert auf eine gute Führigkeit des Messers, um damit auch feinere Arbeiten durchzuführen, liegt das Optimum für die meisten Anwender bei etwa 9 bis 10,5 cm Klingenlänge.
Analog dazu verhält es sich mit der Klingenstärke, also der Dicke des Klingenrückens: Je gröber die Arbeiten ausfallen, die du in der Regel mit dem Messer durchführen willst, desto eher eignet sich ein dicker Klingenrücken (3,5 bis 5 mm). Ein Bushcraft-Messer mit 12 cm langer Klinge und einer Klingenstärke von 4 mm wird deutlich bessere Spalteigenschaften aufweisen, als ein Bushcraft-Messer mit 9 cm Klingenlänge und 2,5 mm Klingenstärke. Letzteres wiederum wird deutlich besser zum Schnitzen oder auch für kleinere, regelmäßig anfallende Arbeiten sein.
Die richtige Klingenform
Bei Bushcraft-Messern sind einige Klingenformen beliebt:
Drop-Point: Eine der gängigsten Klingenformen im Bereich der Taschen- und Outdoor-Messer, da sie besonders vielseitig ist. Die leicht abfallende Spitze bietet eine gute Balance zwischen Kontrolle und Stabilität, während sich die Schneide eine ausgewogene Bauchigkeit bewahrt, die gerade im jagdlichen Bereich oder in der Outdoor-Küche Vorteile hat. Perfekt für vielseitige Einsätze im Wald. Bushcraft-Klassiker wie das Böker DBK Bushfriend 2000 sind typische Vertreter von Drop-Point-Klingen.
Drop-Point-Klinge: Der Klingenrücken fällt leicht ab, die Klingenspitze liegt über der Mittellinie der Klinge. Die Schneide ist verhältnismäßig bauchig. Spear-Point: Hier treffen Klingenrücken und Schneide genau mittig aufeinander, sodass die Klingenspitze also auf der Mittellinie der Klinge liegt. Dieser Klingentyp wurde vor allem durch das Kephart-Messer bekannt, findet sich aber auch im ikonischen Woodlore-Design wieder, das allem voran durch Ray Mears einem breiteren Publikum bekannt wurde. Das BPS B1 ist ein klassicher Vertreter eines Woodlore-Messers. Der Spear-Point hat seine Vorteile allem voran in der herausragenden Kontrollierbarkeit der Klingenspitze, was sich positiv auf diverse Schnitztechniken, aber auch auf das Bohren von Löchern in Holz (z. B. bei der Herstellung eines Feuerbohr-Brettes) auswirkt.
Spear-Point-Klinge: Die Klingenspitze liegt genau auf der Mittellinie der Klinge. Clip-Point: Diese Klingenform ist vor allem im jagdlichen Bereich sowie bei einigen Vertretern von Kampfmessern zuhause, da die teils sehr feine Klingenspitze durch den (konkav) abfallenden Klingenrücken besonders gut zum stechen oder präzisem schneiden/schlitzen geeignet ist. Das klassiche Buck 110 bzw. Buck 112 ist ein stereotypischer Vertreter eines stark ausgeprägten Clip-Points, doch gerade im Outdoor-bereich sind auch dezentere Clip-Point-Varianten wie beim Cold Steel SRK beliebt.
Clip-Point-Klinge: Der Klingenrücken fällt in einer konkaven Linie zur Schneide hin ab, was für eine sehr dünne, filigrane und spitz zulaufende Klingenspitze sorgt. Sheepsfoot-Klinge: Die Sheepsfoot-Klingenform zeichnet sich dadurch aus, dass der Klingenrücken bis zur Schneide hin komplett abfällt und die Schneide dadurch keinen bis sehr wenig Bauch hat, was diese Geometrie ideal für lange Zugschnitte macht. Küchenmesser wie Santokus oder das beliebte Windmühlenmesser sind klassische Vertreter von Sheepsfoot-Klingen, aber auch das ikonische Otter Anker-Messer oder der Waldläufer von Guido Bayer sind im Waldeinsatz beliebt.
Sheepsfoot-Klinge: Der Klingenrücken fällt zur Schneide hin vollständig ab, die Schneide hat dabei entweder gar keinen Bauch (wie hier abgebildet) oder nur einen leicht ausgeprägten Bauch.
Natürlich gibt es noch zahlreiche weitere Kingenformen sowie Variationen und Gradierungen der oben genannten Klingenformen, auf die wir demnächst in einem separaten Blogbeitrg eingehen werden.
Die Qual der Wahl beim Stahl
Messerstahl: Vorzüge, Vorlieben und zum teil falsche oder veraltete Vorstellungen über Stahleigenschaften führen immer wieder zu hitzigen Diskussionen und fast schon Glaubenskriegen zwischen den Individualmeinungen. Teilweise nachvollziehbar (gerade unter Messerbauern, die sich zwangsläufig mit Metallurgie, Legierungen, Stahlkompositionen, austenitischen und martensitischen Stählen oder Wärmebehandlungsprozessen befassen müssen), oftmals jedoch rein auf persönlichen Präferenzen basierend ohne Aussagekraft für den generellen Gebrauch. An dieser Stelle wollen wir die Frage nach der Stahlsorte kurz und knackig behandeln, ohne uns in Details zu verlieren. Konzentrieren wir uns auf die elementarste aller Grundfragen: Kohlenstoffstahl oder rostträgen Stahl?
Räumen wir zuerst mit ein paar Missverständnissen auf:
Rostfreier (besser: rostträger) Stahl bedeutet nicht, dass dieser Stahl grundsätzlich nicht rosten kann. Die Korrosionsbeständigkeit von Stahl hängt allem voran von seinem Chromgehalt ab, aber auch davon, welche Einflüsse weitere Legierungselemente auf den Stahl haben, von der Größe oder gar dem bloßen Vorhandensein von Chromkarbiden und einigen weiteren Faktoren. Je nach dem, wie genau ein Stahl also zusammengesetzt und behandelt ist, kann er mehr oder weniger rostträge sein – eine Garantie, dass er niemals rosten wird, gibt es aber nicht. Schwere Witterungsbedigungen, Salzwasser, Ablagerungen und Co können durchaus auch rostbeständigen Stahl angreifen. Grundsätzlich ist rostträger Stahl jedoch deutlich pflegeleichter und besser geschützt vor Rost, als zum Beispiel bloßer Kohlenstoffstahl.
Die alte Weisheit, dass sich Kohlenstoffstahl besser schärfen lässt, als rostträger Stahl, ist nicht (mehr) wirklich wahr – zumindest nicht im Bereich der simpleren Stähle. Auch hier spielen wieder Karbidstruktur, Wärmebehandlung und Legierungselemente eine wesentliche Rolle, im realen Leben wird es jedoch wenig Unterschied machen, ob man sein Mora Companion mit 12C27 rostträgem Stahl schärft, oder sein Mora Companion mit C100 Kohlenstoffstahl – bei beiden Stahlvarianten lässt sich eine hervorragende Schärfe erzielen, sodass der eine Stahl dem anderen in nichts nachsteht. Individuelle Erfahrungen können hier abweichen, aber eine generelle Aussage "Kohlenstoffstahl ist leichter zu schärfen, als rostträger Stahl" ist nicht zutreffend und viel abhängiger von der Stahlqualität, dem Hersteller sowie den eigenen Fähigkeiten am Schleifstein. Zutreffender ist die Aussage viel mehr auf "pulvermetallurgische Stähle sind grundsätzlich schwieriger zu schärfen, als konventioneller Stahl" – aber das ist ein eigenes Kapitel.
Was wir grundsätzlich festhalten können:
Kohlenstoffstahl
Kohlenstoffstahl hat seine Daseinsberechtigung und ist gerade bei Bushcraft-Messern beliebt. Das hat vermutlich zwei Gründe: Zum einen verbinden viele Buschhandwerker ihr Hobby mit Tradition und historischen Vorbildern, vor allem also mit Zeiten, in denen Messer vorwiegend aus Kohlenstoffstahl gefertigt wurden. Nostalgie und Old-School-Vibes schwingen hier ganz stark mit, und die charakteristische Patina, die sich auf Kohlenstoffstahl-Klingen bildet, erzählt ihre eigene Geschichte. Romantik pur. Zum anderen dürfte es auch daran liegen, dass viele kleinere Messermacher oder Manufakturen gerne auf Kohlenstoffstähle zurückgreifen, da diese leicht zu bearbeiten sind und in der Regel auch leichter wärmebehandelt werden können, was für Kleinstbetriebe wichtig im Herstellungsprozess ist. Dadurch ergibt sich in erster Linie ein Bild, dass Bushcraft-Messer typischerweise mit Kohlenstoffstahl daherkommen – ohne, dass es unbedingt einen technisch notwendigen Grund dafür gibt. Dadurch, dass Kohlenstoffstahl einen höheren Kohlenstoffanteil haben kann, als andere Stähle, lässt er sich in der Regel auch höher härten, was bei einfachen Stählen für eine bessere Schnitthaltigkeit der Schneide sorgen kann – sprich: Je stabiler der dünn ausgeschliffene Stahl zur Schneidkante hin ist, desto länger bleibt die Schneidfase stehen, desto länger dauert es, bis sie stumpf wird.
Häufig genutzte Kohlenstoffstähle bei Einsteiger-Bushcraft-Messern sind 1095 (AISI) bzw. C100 (UNI), 80CrV2 oder O1. Bei Kohlenstoffstahl steht eine gründliche Pflege im Mittelpunkt, heißt: Die Klinge sauber und trocken halten, regelmäßig pflegen und ölen (z. B. mit Kamelien-Öl oder lebensmittelechtem Mineral-Öl) und grundsätzlich vor Nässe, Feuchtigkeit und Witterung mit hoher Luftfeuchtigkeit schützen.
Rostträger Stahl
Rostträger Stahl steht seinem korrodierenden Bruder eigentlich in nichts nach, und gerade günstige Einsteiger-Stähle wie 12C27 oder 14C28 überzeugen durch ihr enormes Preis-Leistungs-Verhältnis. Hier kann nicht von einer schlechteren Schärfbarkeit gegenüber Kohlenstoffstählen gesprochen werden, und auch die Standfestigkeit der Schneidfase (also wie schnell die Schneide wieder stumpf wird) ist hier sehr gut. Dies soll natürlich keine allgemeingültige Aussage sein, da hier qualitativ differenziert werden will – es kommt also, wie so oft, auf die Zusammensetzung des Stahls, das Herstellungsverfahren, aber auch die Qualität der Bearbeitung in der Messerproduktion (vor allem bei der Wärmebehandlung) an. Grundsätzlich gibt es daher keinen objektiven Grund, dich bei der Wahl deines Bushcraft-Messers gegen rostträgen Stahl und für Kohlenstoffstahl zu entscheiden, wenn dir Rostbeständigkeit und deutlich weniger Pflegebedarf deines Bushcraft-Messers wichtig sind.
Klassische Vertreter von rostträgen Stählen bei Einsteiger-Bushcraft-Messern sind 12C27, N690 oder AUS8.
Pulvermetallurgische Stähle
Pulvermetallurgische Stähle sind schon länger auf dem Vormarsch in der Massentauglichkeit der Messer-Welt, bieten sie doch enorme Vorteile hinsichtlich Härtegrad, Schnitthaltigkeit, Rostbeständigkeit und vieles mehr. Bei pulvermetallurgischen Stählen wird Metallpulver mit seinen verschiedenen Legierungskomponenten mechanisch verdichtet und gesintert, es entsteht also eine viel feinere Materialstruktur mit deutlich kleineren Karbiden, was zu erheblich besseren Stahleigenschaften führt. Auch PM-Stähle können rostträge oder nicht-rostträge sein. Der bekannte CPM 3V hat beispielsweise einen Chromgehalt von ca. 7,5 %, gilt damit also nicht als rostträge und ist entsprechend anfälliger für Nässe und Feuchtigkeit.
Bekannte Vertreter von PM-Stählen bei Bushcraft-Messern sind CPM 3v, RWL-34 und MagnaCut.
Am Ende des Tages sollte die Stahl-Frage nicht zu sehr im Vordergrund stehen. Bei modernen Messern und heutigen Stählen lassen sich Fragen hinsichtlich Schitthaltigkeit, Schärfbarkeit und Co nicht mehr rein auf Kohlenstoffstahl vs. rostträger Stahl runterbrechen, sondern sind vor allem von den jeweiligen Legierungsbestandteilen, Herstellungsverfahren und Wärmebehandlungen abhängig. Da dies ein sehr komplexes Feld aufmacht, auf das wir in einem separaten Blogbeitrag noch genauer eingehen werden, stell dir doch einfach foglende Fragen:
Ist dir Rostbeständigkeit oder geringer Pflege-Aufwand wichtig? Dann nimm einen rostträgen Stahl.
Ist es dir wichtig, dass dein Bushcraft-Messer eine Geschichte erzählt und klassiches Design hat? Nimm Kohlenstoffstahl.
Es ist sinnvoll, sich erst für ein passendes Messer hinsichtlich Anwendungszweck und Handlage zu entscheiden, und die Stahlfrage nachrangig zu bewerten.
Griffmaterial: Komfort ist König
Ein Messer, das nach einer Stunde Schnitzen Blasen verursacht, ist kein guter Begleiter. Die passende Griffform für die indviduelle Hand ist also primär entscheidend, wie eingangs bereits erwähnt. Das Griffmaterial ist jedoch auch entscheidend, da es nicht nur Einfluss auf den Komfort eines Messers hat, sondern auch auf dessen Robustheit und Wartungsintensität. Ein paar gängige und beliebte Griffmaterialien sind:
Holz: Traditionell, schön, angenehm in der Hand, aber pflegeintensiver und kann bei Stürzen und Co leichter brechen/splittern. Stabilisiertes Holz (also Holz, das mit einer Epoxidlösung in einem Vakuum stabilisiert wird) erhöht die Widerstandsfähigkeit des Griffes enorm, ist allerdings auch bedeutend teurer.
Micarta: Leinen- oder Baumwollfaser mit Harz verpresst – robust, griffig auch bei Nässe, unverwüstlich, sieht sehr ochwertig und schick aus. Ein absoluter Favorit unter Bushcraft-Messern.
G10: Ähnlich wie Micarta, aber aus Glasfaser – extrem widerstandsfähig und pflegeleicht, hat allerdings die typische "Plastik-Optik" und wird oft als weniger ästhetisch empfunden.
Gummigriffe: Bieten hervorragenden Grip bei Nässe, können aber je nach Zusammensetzung und verwendeten Kunststoffen klebrig oder im Alter brüchig werden.
Full-Tang vs. Partial-Tang
Die Frage aller Fragen: Muss ein Bushcraft-Messer Full-Tang sein, also dass der Erl in voller Breite der Klinge durch den Griff geht? Zugegeben, der Gedanke an eine Full-Tang-Konstruktion wirkt schon sehr beruhigend, gerade, wenn man sein Bushcraft-Messer auch ein bisschen durch den Wald prügeln will. Grundsätzlich ist dies aber absolut keine Voraussetzung, sofern du mit deinem Messer sorgsam und dem Einsatzzweck entsprechend umgehst. Historisch betrachtet haben Generationen unserer Vorfahren die Wildnis mit Steckerlklingen überlebt, bestes Beispiel: Puukkos. Beim Trend, mit seinem Eierlegendenwollmilchsau-Bushcraft-Messer auch Bäume fällen und Holzscheite batonen zu wollen, ist es mindestens fraglich, ob ein Messer hierfür noch das passende Werkzeug ist. Denn mit der richtigen Technik und der nötigen Sorgfalt kann man auch problemlos mit einem Messer mit Partial-Tang oder Steckerl gröbere Arbeiten verrichten – und ja, ich habe schon oft mit einem Mora Companion ohne Probleme batoniert und auch mal andere, gröbere Arbeiten verrichtet, ohne dass dem Messer je etwas passiert ist (dies ist keine Empfehlung, dies zu tun!).
Die Frage zielt also wieder primär auf den Einsatzzweck ab: Will ich mit meinem Messer vorwiegend Dinge tun, die ein Messer können sollte? Dann brauche ich mir um Full-Tang oder Nicht-Full-Tang weniger Gedanken machen, wenn ich verantwortungsvoll mit meinem Werkzeug umgehe. Will ich mein Messer hingegen nicht schonen und auch für gröbere Arbeiten verwenden, die die Grenzen der Belastbarkeit des Werkzeuges beanspruchen, sollte es so stabil wie möglich gebaut sein – hier macht eine Full-Tang-Konstruktion dann Sinn.
Preisklassen: Was solltest du ausgeben?
Gute Nachrichten: Ein funktionales Bushcraft-Messer muss nicht teuer sein. Am Ende des Tages kommt es darauf an, wie gut du mit deinem Bushcraft-Messer umgehen kannst, und das erfordert Übung und Geschicklichkeit. Wenn du noch nie mit einem Messer gearbeitet hast, wirst du auch mit einem 300 € teuren Messer nicht über Nacht zum Meister. Ganz im Gegenteil: Mors Kochanski, einer der größten Namen des Bushcraft, hat Zeit seines Lebens mit billigen Taschenmessern sowie einem schlichten, billigen Mora aus dem Baumarkt gearbeitet (wen es genauer interessiert: Eines seiner meist genutzten Modelle in späteren Jahren war ein KJ Eriksson 511. Mehr Infos und Hintergründe zu Mora-Messern findest du in unserem Ratgeber "Welches Mora ist das beste?"). Doch auch Dual Survival-Legende Cody Lundin verlässt sich auf sein treues Mora Classic mit rotem Holzgriff. Wir sehen also: Auch günstig funktioniert. Aber es geht ja nicht immer nur ums Geld, sondern vor allem ums Gefühl: Wenn wir unser Bushcraft-Messer als heiligen Gral, als Verlängerung unseres Arms, betrachten, dann muss das Gesamtpaket stimmen. Und machen wir uns mal nichts vor: Bei den meisten von uns bleibt es eh nicht bei nur einem Messer... Verschaffen wir uns doch mal eine Übersicht, welche Messer wir uns in welcher Preisklasse angucken können:
Einsteiger (15-50 €): Hier findest du solide Arbeitstiere wie verschiedene Mora-Modelle, aber auch Böker oder Victorinox und Opinel – preiswert, funktional und wirklich gut für die meisten Anwendungen.
Mittleres Segment (50-200 €): Hier beginnt die Welt der "fürs Leben gemachten" Messer. Bessere Stähle, durchdachtere Ergonomie, höherwertige Materialien. Hier fühlen sich Hersteller wie Lionsteel, Casström, Böker und Fällkniven zuhause.
Gehobenes Segment (>200 €): Hier beginnt bereits der Semi-Custom Bereich wie Bark River und LT Wright, aber auch Modelle der hochpreisigen Marken wie Tops, Benchmade oder TRC. Dieser Markt richtet sich eher an Kenner, Sammler und Enthusiasten, die ihr Geld gezielt für solche Messer ausgeben, denn: Der Preis eines Messers steigt nicht in Korrelation zu seinen Eigenschaften.
Custom-Segment: Bewusst abgegrenzt von Hersteller-Ware finden wir noch den Bereich der Custom-Messer-Macher. Hier lässt sich keine Preis-Range angeben, da je nach Ort, Erfahrung und Qualität des Messermachers die Preise extrem variieren können. Hier lohnt sich auch gerne mal ein Blick zu den Nachbarn wie Emil Handmade Knives aus Polen oder Rob Evans aus Wales, die großartige Messer produzieren.
Fazit: Das beste Bushcraft-Messer für dich
Das "beste" Bushcraft-Messer ist letztendlich das, mit dem du am besten zurecht kommst. Ein 300 €-Messer, das in der Schublade rumliegt, ist weniger wert, als ein 50 €-Messer, das bei jedem Waldausflug dabei ist. Bei der Wahl des richtigen Bushcraft-Messers solltest du also in erster Linie danach gehen, welchem Einsatzzweck es entsprechen sollte. Ebenso wichtig ist die Handlage, also wie gut dir das Messer in der Hand liegt und ob du auch über längeren Zeitraum bequem damit arbeiten kannst. Die Wahl des richtigen Stahls ist zwar nicht unwichtig, sollte jedoch nicht im Vordergrund stehen. Was bringt mir ein Magnacut-Stahl, wenn ich mit dem Messer nicht richtig arbeiten kann?
Klare Empfehlung für Einsteiger: Starte mit einem bewährten, erschwinglichen Klassiker wie dem Mora Companion oder Mora Garberg. Mit zunehmender Erfahrung wirst du selbst merken, welche Features du zusätzlich brauchst oder welche Verbesserungen du dir wünschst. Denk daran: Ein Messer ist ein Werkzeug, und das beste Werkzeug ist das, mit dem du selbstbewusst und sicher arbeiten kannst.
Hier findest du eine Auwahl verschiedener Bushcraft-Messer in unserem Shop.
Gefällt dir, was du liest? Vielleicht interessiert dich ja auch unser Outdoor-Messer-Ratgeber oder Survival-Messer-Ratgeber.
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